Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 22.02.2018 (6 AZR 868/16) entschieden, das ein Insolvenzverwalter der in einer masseunzulänglichen Insolvenz das Arbeitsverhältnis rechtzeitig kündigt, d. h. spätestens zum erstmöglichen Termin nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit, gelten Annahmeverzugsansprüche, die im Fall der Unwirksamkeit der Kündigung für die Zeit nach diesem Termin entstehen, gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2, § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO als Neumasseverbindlichkeiten.
Die Klägerin war seit 1996 bei dem Schuldner, der bundesweit zahlreiche Drogeriegeschäfte betrieb, zuletzt als Filialleiterin mit einem Entgelt von 2.680,60 Euro brutto beschäftigt. Am 28.03.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 31.08.2012 zeigte dieser die drohende Masseunzulänglichkeit an. Bereits zuvor war das Arbeitsverhältnis vom Beklagten am 28.03. zum 30.06.2012 sowie am 23.08. zum 30.11.2012 gekündigt worden. Diese Kündigungen wurden durch arbeitsgerichtliche Urteile, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit ergingen, rechtskräftig für unwirksam erklärt. Nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit hätte das Arbeitsverhältnis rechtswirksam frühestens zum 31.12.2012 gekündigt werden können. Das Arbeitsverhältnis endete tatsächlich erst nach einer weiteren Kündigung des Beklagten vom 16.05.2013 durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich mit dem 31.08.2013. Die Klägerin begehrt die Zahlung der Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.08.2013. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, das Arbeitsverhältnis nach der Anzeige durch eine weitere, spätestens zum 31.12.2012 wirkende Kündigung zu beenden. Weil er eine solche Kündigung unterlassen habe, seien die eingeklagten Entgeltansprüche Neumasseverbindlichkeiten.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO legt den Termin fest, bis zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis spätestens beendet haben muss, um Neumasseverbindlichkeiten zu vermeiden. Dafür ist nicht zwingend erforderlich, dass er nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigt. Er kann auch an einer bereits zuvor erklärten Kündigung festhalten, die das Arbeitsverhältnis im Falle ihrer Wirksamkeit spätestens zu dem von § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO vorgegebenen Termin beendet. Er trägt dann jedoch das Risiko, dass sich diese Kündigung als unwirksam erweist und folglich Neumasseverbindlichkeiten begründet werden. Gleiches gilt, wenn der Insolvenzverwalter erstmals nach der Anzeige rechtzeitig kündigt und diese Kündigung unwirksam ist.
Quelle: BAG – Pressemitteilung 11/18 vom 22.02.2018
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