Abweichende Regelungen zu Doppelbesteuerungsabkommen

Das Kontakt- und Reiseverbot schränkt den Grenzverkehr zwischen Deutschland und den angrenzenden Nachbarstaaten sehr stark ein. Dies stellt auch Pendler im Grenzgebiet vor große Herausforderungen, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz aus in einen anderen Staat zur Arbeit pendeln. Wenn Arbeitnehmer nun, wie von den Gesundheitsbehörden empfohlen, vermehrt ihrer Tätigkeit im Homeoffice nachgehen, kann dies auch steuerliche Folgen auslösen, etwa dann, wenn nach den zugrunde liegenden Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) der beiden betroffenen Staaten das Überschreiten einer bestimmten Anzahl an Tagen, an denen der eigentliche Tätigkeitsstaat nicht aufgesucht wird, zu einem teilweisen Wechsel des Besteuerungsrechts führt.

DBA sind zwischenstaatliche Verträge, in denen zwei Staaten regeln, welcher Staat bei grenzüberschreitenden Aktivitäten das Besteuerungsrecht hat. Die Frage, welcher Staat bei Arbeitnehmern, die in einem Staat wohnen und in einem anderen Staat ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen, besteuern darf und wie in diesem Zusammenhang eine Homeoffice-Tätigkeit zu bewerten ist, ist nicht immer einheitlich geregelt.

Nach dem DBA mit Frankreich ändern die zusätzlichen Homeoffice-Tage nichts an der vorgesehenen Aufteilung der Besteuerungsrechte.

Im Hinblick auf DBA mit anderen Staaten, etwa mit Luxemburg, den Niederlanden und Österreich, kann ein erhöhtes Maß an Homeoffice-Tagen hingegen zu einer Änderung der Aufteilung der Besteuerungsrechte und damit zu einer Änderung der steuerlichen Situation der betroffenen Beschäftigten führen. Das BMF strebt nach einigen Informationen vom 03.04.2020 an, bilaterale Sonderregelungen zu vereinbaren, um den Effekt, der mit einem ungewollten Wechsel des Besteuerungsrechts einhergeht, zu verhindern.

In solchen Fällen will das BMF mit den angrenzenden Staaten eine zeitlich befristete Konsultationsvereinbarung vereinbaren. Ziel ist es, eine befristete Sonderregelung zu schaffen, in denen aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr die Gesundheitsbehörden weiterhin zu Homeoffice raten, mit dem Ziel, es den betroffenen Arbeitnehmern zu ermöglichen, dass sie in diesem Zeitraum so behandelt werden, als hätten sie ihrer Arbeit wie gewohnt an ihrem eigentlichen Tätigkeitsort nachgehen können. Die Covid-19-bedingte Homeoffice-Tätigkeit hätte damit keine steuerlich nachteiligen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer.

Dies erlaubt, flexibel auf die derzeitige Ausnahmesituation im Rahmen der Corona-Pandemie zu reagieren, ohne die zugrunde liegenden Regelungen ändern zu müssen.
Konkret wird eine zeitlich befristete Sonderregelung vom BMF angestrebt, nach der Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wird und an denen grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten können, in dem die Beschäftigten ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ausgeübt hätten (Tatsachenfiktion).

Für Arbeitstage, die unabhängig von diesen Maßnahmen im Homeoffice oder in einem Drittstaat verbracht worden wären, soll diese Möglichkeit nicht gelten, insbesondere dann nicht, wenn die Arbeitnehmer nach ihren arbeitsvertraglicher Regelungen grundsätzlich ohnehin im Homeoffice tätig wären.

Hintergrund ist, dass zwar mangels Gefahr einer Doppelbesteuerung grundsätzlich keine sachliche Unbilligkeit vorliegt, wenn das Besteuerungsrecht aufgrund veränderter Tatsachen von einem Vertragsstaat zu einem anderen Vertragsstaat übergeht. Insbesondere nachdem die WHO aber die Ausbreitung des Corona-Virus als Pandemie eingestuft hat und daraufhin viele Staaten wie auch Deutschland ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung verschärft (Einschränkungen des Grenzverkehrs und z. T. Ausgangssperren) und ihre Appelle an die Bevölkerung, möglichst zuhause zu bleiben, intensiviert haben, ist eine pragmatische und zeitlich beschränkte Regelung angemessen, um in der bestehenden Krise die Menschen dazu zu motivieren, soweit wie möglich tatsächlich zuhause zu bleiben und sie in der herausfordernden Situation nicht zusätzlich mit steuerlichen Auswirkungen zu verunsichern.

Sobald die aufgrund der Corona-Pandemie ausgerufenen Maßnahmen wieder zurückgefahren werden, wird auch diese Sonderregelung nach Darstellung des BMF wieder aufgehoben.

 

Quelle: BMF

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