DAV setzt sich für Änderungen für Betriebsräte während Corona-Pandemie ein

Zahlreiche Unternehmen begegnen der aktuellen Krisensituation mit mobiler Arbeit, Kurzarbeit und Arbeitnehmerüberlassung. Daraus ergeben sich Einschränkungen der Handlungsfähigkeit der Betriebsräte. Darauf weist der Deutsche Anwaltverein (DAV) in einer Stellungnahme hin.

Mit Blick auf die Corona-Krise weist der DAV in seinem Schreiben zunächst auf die gegenwärtige Rechtslage hin. Gemäß § 33 BetrVG bedürfe die Beschlussfassung des Betriebsrats der persönlichen Anwesenheit der Betriebsratsmitglieder. Eine Beschlussfassung aufgrund virtueller Kommunikation sei dagegen unzulässig. Dies beeinträchtigt laut DAV die Beschlussfähigkeit der Betriebsräte beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, aber auch die Möglichkeiten zur Beschlussfassung über die Anrufung einer Einigungsstelle, die Beauftragung von Sachverständigen et cetera. Da die Unternehmen auch zur Einführung von Kurzarbeit auf die rechtssichere Mitwirkung der Betriebsräte dringend angewiesen seien, muss laut DAV die Handlungsfähigkeit der Betriebspartner gewährleistet sein.

Der DAV spricht sich hier für eine Digitalisierung der betrieblichen Mitbestimmung aus. Als Vorbild könnte laut DAV die Regelung in § 41a EBRG für Seebetriebsräte sein, wobei das dort normierte Erfordernis einer entsprechenden Geschäftsordnung des Betriebsrats in der aktuellen Situation kontraproduktiv wäre, da erst die Geschäftsordnungen geschaffen oder geändert werden müssten, was wiederum eine persönliche Beschlussfassung erfordern würde. Der Gesetzgeber sollte zudem entscheiden, ob im Interesse der persönlichen Kommunikation nur Videokonferenzen zugelassen werden sollen oder ob aufgrund der Tatsache, dass diese noch nicht flächendeckend und nicht immer in der erforderlichen technischen Qualität verfügbar sind, auch die Telefonie ausreichen soll. Der DAV hält eine sofortige Zulassung der digitalen Beschlussfassung für unabdingbar, um dem Instrument der Kurzarbeit, mit der der Arbeitsmarkt gesichert werden muss, hinreichend Geltung zu verschaffen. Entsprechende Regelungen sind laut DAV auch für Personalräte, die Sprecherausschüsse, Schwerbehindertenvertretungen, den Europäischen Betriebsrat außerhalb der Besonderheiten für Seebetriebsräte, den SE-BR, den SCE-BR sowie sonstige Kollegialorgane im Zusammenhang mit der Gründung Europäischer Gesellschaften zu treffen.

Der DAV schlägt weiter vor, zu prüfen, ob für die Dauer der aktuellen Krisensituation – gegebenenfalls zeitlich befristet bis zum 31.12.2020 – die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige und dort, wo keine tariflichen Regelungen bestehen, erleichtert werden soll. Dies könnte durch eine befristete Änderung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AÜG erfolgen.

Der DAV hat in seinem Schreiben unter anderem folgende Regelungsvorschläge vorgelegt: Unter anderem spricht sich die Anwaltsvertretung für einen Gesetzentwurf über die Schaffung befristeter arbeitsrechtlicher Rahmenregelungen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie ("Arbeitsrechtliches Pandemie-Bekämpfungsgesetz" APBG) aus. Gleichzeitig müsse das Betriebsverfassungsgesetz zeitlich befristet geändert werden, um unter anderem eine digitale Beschlussfassung der Betriebsräte zu ermöglichen. Ferner schlägt der DAV die Bildung eines gesonderten Ausschusses beim Betriebsrat vor, der nur für die Behandlung aller dem Betriebsrat zugewiesener Fragen, Beteiligungsrechte und sonstiger Aufgaben, insbesondere der Ausübung von Beteiligungsrechten zuständig sein soll, soweit ein Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie besteht. Des weiteren schlägt der DAV vor, dass personelle Maßnahmen gemäß § 99 BetrVG, sofern sie wegen der Eindämmung der Covid-19-Pandemie erfolgen, in Abweichung von § 99 BetrVG nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen, sondern nur dessen Anhörung. Änderungsvorschläge macht der DAV auch zur Arbeitnehmerüberlassung, zum Kurzarbeitergeld und beim Arbeitszeitgesetz.

 

Quelle: Deutsche Anwaltverein

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